Aufgepasst, es geht weiter!!!
Das nächste Land auf unserer
Ostafrika-Tour ist Uganda. Die Grenze ist nahe des Mount Elgon und so machen
wir uns direkt vom Berg aus auf den Weg in den Nachbarstaat. Der Grenzübertritt
ist relativ unkompliziert und auch der Urs darf ohne versteckte Kosten
einreisen. Ca. 2 Stunden Autofahrt hinter der Grenze liegt das Städtchen Jinja
das dadurch bekannt ist, als dass hier die Quelle des weißen Nil sei. Seit
bereits 5 Monaten sind wir also auf dem schwarzen Kontinent unterwegs und immer
noch begleitet uns der Nil auf unserer Reise. Uns Zugute kommt, dass dieser
Fluss nicht nur schön anzusehen ist, sondern dass der Nil hier auf eine sehr
intensive Art und Weise erfahren werden kann. Der weiße Nil hat in dieser Gegend
nämlich ein paar richtig beeindruckende Stromschnellen, was äußerst dringlich
zu einer Wildwasser-Raftingtour einlädt. Dass diese Action mit dickem Rotstift
auf unserer To-Do-Liste steht, brauch ich wohl niemandem erklären, der auch nur
ein bisschen versteht wie wir beide ticken. Die Raftingfirma ist direkt am
Camp, der Instructor ein ziemlich verrückter Vogel und wir bis in die
Haarspitzen motiviert. Bei unserer Ankunft wird ein langjähriger Mitarbeiter
der Firma gerade verabschiedet und der neue Raftingguide willkommen geheißen.
Ein Fest steht also an, zu dem wir und ein paar andere Gäste prompt geladen werden.
Mit BodaBoda’s (hiesige Motorradtaxis) fahren wir und ein paar andere Gäste zum
nicht allzu fernen Dorfclub in Jinja. Da Mittwoch ist, erwarten wir nicht allzu
viel.. Wir kommen an und die Bude ist gerammelt voll!! Damit dürfte es sich wohl
um Grund #397 handeln, der dafür spricht in Afrika am besten garkeine
Erwartungen zu haben - Sie treten sowieso nicht ein…
Zusammen mit zwei Kanadiern und zwei
israelischen Medls laufen wir also in dem Dorfclub ein. Gebügelt vom satten
african-electro-sound aus den Speakern und den hemmungslosen Dancemoves der
Locals (also der lokalen schwarzen Leute) pirschen wir durch den Open-Air-Club
und tauchen bereits nach ein paar Augenblicken in den Dancefloor ein.
Die Tanzfläche dieses afrikanischen
Clubs ist eine eigene Welt für sich.. Männer tanzen händchenhaltend mit
Männern, Frauen werden mit jedem Intim, der es schafft seine Hüfte im entsprechenden
Rhythmus am Gesäß der vor ihm Tanzenden anzudocken, Schnapsflaschen werden wie
Klingelbeutel durch die Reihen gereicht und sobald sich irgendwo eine gemeinsam
tanzende Kleingruppe gebildet hat, so springt bereits im nächsten Augenblick
ein ziemlich abgedreht zappelnder Afrikaner in des Kreises Mitte und zettelt
einen kollektiven Tanzwettbewerb an!!
Wir powern uns die Seele aus dem
Leib und werfen wirklich alle erdenklichen Moves aufs Parkett, doch unsere
Chancen sind gering. Obwohl wir nach europäischem Verständnis bereits
intensiven, körperbetonten Ausdruckstanz betreiben, so kommen wir uns neben
diesen beweglichen schwarzen Rythmusjunkies vor wie ein Pack tief meditierender
Yogaschüler im mittleren Alter… Also an jeden mit Zappelfetisch: die
ultimativen Moves gibt’s im ugandischen Hinterland zu holen!!
Ausgepowert vom rumgehüpfe dürstet
es uns und wir ziehen weiter an die Theke. Dort angekommen wird gerade ein
rotze-besoffener langhaaringer 20-jähriger Australier aus dem Club betragen.
Nicht ansprechbar und mit beiden Armen über den Schultern von ein paar
Mitarbeitern der Raftingfirma hängend… „That’s Tom, your Rafting-Guide for
tomorrow morning!!“ rufen diese uns zu und lachen sich kugelig dabei, als sie
unsere Gesichter dazu sehen…;)
Am nächsten Morgen geht’s zum
Raften. Unglaublich aber wahr, Tom ist ‚in shape‘ und bereitet uns auf alles
vor was noch vor, über oder unter uns liegt. Wasserfälle, Stromschnellen,
stehende Wellen und lange ruhige Passagen zum durchatmen und relaxen. Unser
Boot ist unglaublich stark besetzt. Tom, zwei Russen, drei Ukrainer und
mittendrin: wir zwei mitteleuropäischen Hallodris.. Die ukrainische Truppe
besteht aus zwei UN-Soldaten, die im Kongo arbeiten und gemeinsam mit Anna,
ihrem Heimatbesuch etwas Urlaub in Uganda machen. Bereits im Vorfeld erklärt
unsere Gruppe einstimmig nach was sie sucht: Action pur!! Hart im nehmen sind
wir alle und so starten wir hoch motiviert in die erste Stromschnelle: ein 5
Meter hoher Wasserfall – und das Boot überschlägt sich!!
Ein Überschlag bedeutet, alle gehen
baden! Jedoch ist das nicht mit einem kleinen Erfrischungs-Hopser vom Steg des
Baggersees gleich zu setzen, sondern vielmehr mit einem katapultösen Flug
mitten in den Schleudergang einer Industrie-Waschmaschine!! Die Strömung drückt
dich unter Wasser, wirbelt und dreht dich in wirklich allen Freiheitsgraden um
die eigenen Körperachsen, sorg dafür dass jenes Nass zu sämtlichen nicht
ordentlich verschlossenen Körperöffnungen eindringt und spukt dich nach
gefühlten 3 Minuten des Gebeutels irgendwo wieder aus! Nacheinander ploppen
also unsere Teammitglieder wieder an die Wasseroberfläche, gefolgt von einem
lauten „YEAH!!“-Schrei der selbigen.
Da der Wasserfall nicht die einzige
Stromschnelle bleiben sollte, war es somit auch nicht der einzige Überschlag..;)
Die sehnsüchtig erwartete Action bekommen wir und das Rafting sollte somit ein
unvergesslicher, actiongeladener, lustiger und sehr sehr nasser Tag unserer
Tour werden!!
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5 Meter gehts abwärts... |
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... und die Teammitglieder ploppen nacheinander wieder an die Wasseroberfläche. |
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Hell Yeah!! Genau was wir gesucht haben!! |
Wieder trocken geht’s weiter nach
Kampala, der Hauptstadt Ugandas. Zu Zeiten der Unabhängigkeit hatte es sicher
keines der afrikanischen Völker leicht, doch Uganda hat es mit den
Gewaltherrschern Milton Obote und Idi Amin im Speziellen ziemlich hart
erwischt.. Diese beiden haben sich nacheinander an die Macht geputscht und das
Land in feinster Diktatormanier kontrolliert. Idi Amin (auch bekannt unter dem
Namen „Schlächter von Afrika“) galt als besonders Gewalt- und Herrschsüchtig. Allein
während seiner achtjährigen Regierungszeit verloren über 300.000 Ugander ihr
Leben und das häufig auf eine sehr brutale Art und Weise. Er lies nahe des
Palastes eine Folterkammer errichten, um „politische Gefangene“, also einfach
gesagt die Opposition und jeden der auch nur im geringsten Einwände hatte oder
Bedenken hegte, dort zu „verhören“. Obwohl - ehrlich gesagt diente diese Kammer
mehr dem Zwecke der Exekution. Das Selbstbild Idi Amins war nicht gerade
Bescheiden. So gab er sich selbst den vollen Titel: „Seine Exzellenz, Präsident
auf Lebenszeit, Feldmarschall Al Hadji Doktor Idi Amin Dada, Herr aller
Kreaturen des Landes und aller Fische der Meere und Eroberer des Britischen
Empires in Afrika im Allgemeinen und Uganda im Speziellen“.
Idi Amin ging auf Schlachtzug im
eigenen Lande. Ganze Dörfer wurden dem Erdboden gleich gemacht und deren
Bewohner brutal mit Metallrohren erschlagen. Man sagt, er lies Leichen den
Krokodilen in Nil zum Fraß vorwerfen, da die Gräber nicht schnell genug
geschaufelt werden konnten. In seiner „Afrikanisierungskampagne“ begann er die
asiatische Bevölkerung (vorwiegend Inder) aus dem Land zu werfen. Diese hatten
eine 90tägige Deadline um das Land zu verlassen, welche auch sprichwörtlich als
„Deadline“ verstanden werden darf. Um internationale Unterstützung zu
generieren konvertierte er zum Islam, brach seine Beziehungen zu Israel
plakativ ab und unterstütze Anti-Zionistisches Gedankengut. Er brachte seinem
Land den Ruin, enteignete ausländische Unternehmen, die Inflationsrate stieg
auf über 1000 %, Flüchtlingsströme drückten über die Grenzen zu den
benachbarten Ländern und die Wirtschaft des Landes kollabierte. 1978 begann
Amin einen Krieg gegen Tanzania. Bei der Gegenoffensive fielen tansanische
Truppen gemeinsam mit der UNLA (Oppositionsbewegung Ugandas) nach Uganda ein
und die Hauptstadt Kampala konnte eingenommen werden. Idi Amin war zur Flucht
nach Libyen gezwungen und landete schließlich in Saudi Arabien im Exil, wo er
2003 verstarb ohne sich je für seine Gräueltaten verantworten zu müssen.
Jedoch selbst nach dem Sturz Amins
war in Uganda nicht gerade ein politisches Paradies geboren. Milton Obote war
aus dem tansanischen Exil zurückgekehrt und drückte sich in gefälschten Wahlen,
vorbei an seinem Kontrahenten Yoweri Museveni, zurück an die Macht. Museveni flüchtete
in den Untergrund und kämpfte mit seiner neu gegründeten NRA (National
Resistance Army) unter anderem mit Hilfe von Kindersoldaten gegen Obote. Kurz
nach dem Herrschen Amins entbrannte also ein Bürgerkrieg im Lande, der wiederum
über 100.000 Opfer fordern sollte. Museveni führte einen Guerillakrieg, der
letztlich Früchte trug. Obote wurde gestürzt, sein Nachfolger Okello ebenfalls
und so ernannte sich im Jahre 1986 Museveni selbst zum Präsidenten Ugandas.
Inzwischen wurde er durch Wahlen in seinem Posten bestätigt und hat diesen auch
bis zum heutigen Tage inne. Auch wenn für die erfolgreichen Wiederwahlen erst
die Verfassung geändert und der politisch gefährlichste Kontrahent wegen
Landesverrates und Vergewaltigung verurteilt werden musste…
Angekommen in Kampala landen wir im
Kampala Backpackers, eine Anlaufstelle für so gut wie jeden
Ostafrika-Rucksackreisenden. Der Laden ist fast voll und mit so vielen
„Muzungus“ (hiesiger Begriff für Weißnase) um uns herum sind wir zu Beginn fast
etwas überfordert. Es ist ein ständiges Ein und Aus, die Leute kommen und gehen
und der Laden ist sehr belebt. Wir flüchten erstmal wieder unter die schwarze
Mehrheit und erkunden die Stadt mit ein paar Boda-Bodas. Kampala liegt prächtig
zwischen mehreren Hügeln und ist eine sehr pulsierende Hauptstadt. Überall
rührt sich etwas und die Straßen sind voll mit Menschen. So sehr uns die hiesigen
Boda-Bodas bei der Stadteinfahrt mit dem Urs noch genervt haben, umso mehr genießen
wir nun die Mitfahrt auf genau solch einem einspurigen Fahrzeug!!
Beschleunigungsvorteil gegen andere Verkehrsteilnehmer – Vorhanden! Spontane und
absolut willkürliche Richtungswechsel – kein Problem! Luft anhalten und sich mit
30 Sachen im Schlangenkurs durch den stockenden Verkehr der Rush-Hour winden –
atemberaubende Königsdisziplin!!
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Kampala kann sich durchaus sehen lassen... |
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... allerdings brauchen wir 3 Stunden, um einmal quer durch die Stadt zu kommen. |
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Die Namirembe-Kathedrale von innen... |
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... und von außen. |
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Der Mengo Palace, das alte Bugandische Königshaus... |
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... und die von Idi Amin hinzugefügten Folter-Exekutions-Kammern. |
Wir besichtigen also die wichtigsten
Punkte der Stadt. Dazu zählt die Namirembe-Kathedrale, das Nationalmuseum
(welches definitiv bessere Tage gesehen hat..), die ugandische
Nationalparkverwaltung und der Mengo-Palast mit den nächstgelegenen
Folterkammern. Die Sonne scheint, um nicht zu sagen: Es ist heiß! Die schwüle
Nachmittagshitze macht uns derart zu schaffen, dass wir retour zum Backpackers
fahren. Nicht vermeiden lässt sich an jenem Abend die intensivere Bekanntschaft
mit ein paar ausgeflippten Briten, einem Australier und einer verrückten Polin,
die bereits seit den letzten Tagen das ganze Backpackers mit ihrer unermüdlichen
Partylaune auf Drehzahl halten. Jim und Will leisten als Partypusher auch an
diesem Abend einen grandiosen Job und auch wir werden freilich nicht von der
sich zusammenbrauenden Feier verschont..;) So sitzen wir letztlich in einem
Matatu (Ein hiesiges Kleinbus-Taxi) richtung Kampalas Club-Szenerie.. Zu Beginn
ist die Disco noch von Weißnasen beherrscht, jedoch lichtet sich Stunde um
Stunde das Muzungu-Volk und die schwarzen Ugander brechen herein. Wie es der
Zufall will, treffen wir dort natürlich das halbe äußerst trinkfeste Raftingteam
aus Jinja und auch die ukrainischen UN-Soldaten wieder. Ohne groß Details
auszurufen – Der Abend wird uns allen in Erinnerung bleiben…;)
Der Nächste Morgen leider auch. Die
Uhr schlägt Mittag und wir sind beide intensiv mit Ausnüchtern beschäftigt und
versuchen ganz nebenbei uns das Trunkenheits-Schielen aus dem Gesicht zu
treiben, da schneien plötzlich unsere drei ukrainischen Freunde ins Backpackers
herein. Nicht ganz sicher, ob wir nun vor Freude laut jauchzen, oder vor Selbstmitleid
weinen sollen wissen wir eigentlich bereits bei deren äußerst motivierten
Ankunft, dass uns keine andere Wahl bleiben wird.. „Hey my friends! The
Russians arrived! It’s Partytime!!“ - rufen sie uns entgegen. Wir realisieren
den Notstand sehr schnell - und auch die Tatsache, dass es keinen anderen
Ausweg als die Flucht nach vorne gibt.
So dauert es keine drei Minuten und
die verrückten Russen haben schon die ersten zwei Flaschen Whiskey von der Bar
geordert. Aus der Geschichte kommen wir nicht raus, also steigen wir ein!! Der
Urs wird kurzerhand zur Mobilen Disco umgebaut, unser Frühstücks-Klapptisch zur
Longdrink-Bar umfunktioniert und die Frisbee sorgt dafür, dass sich wirklich
jeder Gast des Backpackers, der sich gerade im Garten befindet, in die
mittagliche Trinkrunde eingliedern muss. Natürlich lassen sich Jim, Wil und
Konsorten nicht lange bitten ihren Teil bei zu steuern und ehe wir uns versehen,
laufen diese auch schon in einem Tiger- und einem Affenkostüm durch die Gegend…
Die Russen haben es also geschafft, dass fast jeder Gast des Backpackers seine
Tagespläne über den Haufen wirft und der feierwütigen Gesellschaft beitritt. Ich
glaube ich brauch es nicht zu erwähnen - der Tag wird grandios. Das ganze
Backpackers trinkt, singt, tanzt, flirtet und spielt Frisbee im Garten.
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Morgens, halb 12 in Uganda... |
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werden nicht nur die Gäste des Backpackers gesellig! |
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Wie dieser Tag wohl enden wird.. |
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Die Großwildjägerin mit ihrem Fang..;) |
Nach 4 harten Tagen und 4 noch
härteren Nächten sind wir uns einig: Wir müssen raus aus Kampala und im
speziellen – raus aus dem Backpackers!! Unserer Leber zuliebe machen wir uns
also wieder auf den Weg. Nicht alleine, denn wir haben Kinley im Gepäck. Kinley
betreibt ein Hilfsprojekt in einem Dorf am Victoriasee und wir sind sehr
interessiert an ihrer Arbeit. Sie betreut mit einer Amerikanischen
Non-Profit-Organisation (D’Amour Step - www.damoursstep.org) ein kleines Medical Center in Kenkobe
Village direkt am Lake Victoria. Jenes Medical Center wurde vor ein paar Jahren
auch von D’Amour Step gebaut. Kinley ist seit einigen Monaten vor Ort, um einen
eigenständigen Betrieb des Medical Centers zu kreieren und einen Neubau zu
koordinieren. Derzeit wird nämlich groß investiert, denn der Neubau eines
Geburtshauses ist in vollem Gange! Wir verlassen also Kampala und am frühen
Nachmittag kommen wir am Medical Center an. Es gibt keinen Strom, nur ein
Aggregat das abends zum Laden und zeitweisen Betrieb von Handys und Computern
angeworfen wird, das Wasser kommt aus der Regenwasserzisterne oder wird vom See
hoch getragen und gekocht wird auf offenem Feuer (was die afrikanischen Frauen
sowieso am besten können). Das Medical Center beschäftigt 5 feste Mitarbeiter
und ein paar Aushilfen, die Zeitweise dort arbeiten. Zu den Hauptaufgaben des
Centers gehören in erster Linie die Behandlung von Patienten mit akuter
Malaria, HIV Untersuchungen, Parasitenbehandlung und eine Vollzeit-Hebamme
übernimmt Geburten in einem Nebenraum. Wir bekommen einen ersten Eindruck von
dem Projekt und beim Abendbrot haben wir uns bereits entschieden: Wir bleiben
ein paar Tage um zu helfen!!
Auf der Baustelle des Geburtshauses kann
man uns gut gebrauchen. Der Ringanker wird gerade gemacht und es gibt genug
Arbeit. Gerüste sind zu bauen, Schalungen vorzubereiten, Stahlkörbe zu
flechten, Beton zu mischen und freilich, der Ringanker selbst zu betonieren. Es
verspricht also interessant zu werden! Und in der Tat, bereits die ersten
Stunden der Mitarbeit sind sehr belehrend für uns. Afrikanische Baustellen
laufen ganz anders ab, als wir das aus der Heimat gewohnt sind. Arbeitszeit ist
günstig, Baumaterial vergleichsweise teuer und damit ist Materialeffizienz
definitiv der Zeitersparnis vorzuziehen. Bevor man also einmal das ganze
Gebäude eingerüstet wird lieber das bestehende Eukalyptus-Gerüst 5 mal
umgebaut. Genau dort hin wo man es gerade benötigt… Auch an Arbeitsmitteln
fehlt es ein wenig. Mit unserer selbst mitgebrachten Japansäge haben wir insgesamt
zwei Sägen, drei Hämmer, einen Winkel und ein abgebrochenes Stemmeisen auf der
Baustelle. Für die Schalung des Ringankers gibt’s neben den sägerauen Bohlen noch
zwei Plastiktüten voller alter rostiger Nägel, die wir vor dem Einsatz häufig
erstmal gradebiegen müssen.. Auch wenns an Material und Werkzeug etwas fehlt, neben
dem verantwortlichen Ingenieur Jarrod sind im Schnitt 7 Hilfsarbeiter auf der
Baustelle. Im Durchschnitt deshalb, da man nie wirklich weiß, wieviele Arbeiter
am Morgen denn auf der Baustelle aufkreuzen.. Hat es in der Nacht zuvor
beispielsweise stark geregnet oder gestürmt, so sind viele der Arbeiter damit
beschäftigt in ihrem eigenen Zuhause erst einmal für Ordnung zu sorgen und
kommen daher etwas später - oder eben garnicht. Wirklich eigenständig
gearbeitet wird nur von Jarrod und alle anderen helfen ihm bei der Tätigkeit,
die er gerade tut. Doch auch wenn alle Mitarbeiter da sind, ist es kein Problem
für den einzigen Vorarbeiter die komplette Bande zu beschäftigen. Da sämtliches
Material mit der Hand hergeschafft werden will und Jobs wie „hier mal halten“
durchaus mehrere Minuten, wenn nicht sogar Stunden dauern können ist genug
Arbeit für alle vorhanden. Und wenn gerade nicht genug zum Arbeiten da ist,
dann schaut man halt den anderen bei der Arbeit zu - oder man klettert auf
einen Baum und holt sich etwas Jackfruit um dran rumzunaschen.
Die Anwesenheit und Mitarbeit von
Josef und mir ist viel Wert, da wir im Gegensatz zu den Helfern selbständig und
eigenverantwortlich Arbeiten übernehmen können. Wir versuchen die Prozesse etwas
zu optimieren um damit Zeit einzusparen und die Qualität zu verbessern. Für
jeden Europäer offensichtlich und logisch, sind unsere Neuerungen und
Veränderungen jedoch für einen Afrikaner nicht wirklich von Belang. Ganz
einfache Dinge, wie eine schnell gebastelte Werkbank auf der sowohl das
Werkzeug seinen Platz findet als auch die Zuschnittarbeiten extrem vereinfacht
und beschleunigt werden können, werden auf diesem Kontinent einfach nicht Wert
geschätzt. Zeit ist hier kein knappes Gut, sondern eine schier unendliche
Ressource und auch der Qualitätsanspruch der eigenen Arbeitsleistung ist in
einem Land, in dem schlicht und einfach das Provisorium als oberster zu
erreichender Standard gilt, einfach einen Quantensprung weit entfernt. Somit
wird die Werkbank zwar von uns zum arbeiten genutzt, aber die Jungs selbst
sägen ihre Bretter und Balken weiterhin lieber im Matsch und Dreck am Boden…
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Donna Carnevale Medical Center |
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Das Geburtshaus im Rohbau |
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Wir schalen den Ringanker... |
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und flechten die Stahlkörbe. |
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Dann wird betoniert. |
Nach drei Tagen haben wir uns die
Nachwehen des Backpackers endlich aus den Gliedern geschwitzt und wir denken
über die weitere Route nach. Eigentlich steht der Mount Stanley (Magaritha
Peak) im Ruwenzori-Gebirge auf dem Plan, doch die Infos die wir in Kampala
bezüglich dessen Besteigung bekommen haben stimmen uns mehr als nur nachdenklich.
Weit im vierstelligen Bereich soll die mehrtägige Bergtour liegen, so das erste
Angebot. Und das nicht für uns gemeinsam, sondern pro Person!! Was tun!? Es
geht hin und her in unseren Köpfen und Bäuchen. Für mich war der Mt. Kenya der
wichtigste Peak des Kontinents und für Josef ist der Magaritha Peak der
Ruwenzoriberge das Schmankerl dieser Afrika-Tour. Die Preise kann man noch
nachverhandeln, da sind wir uns sicher, aber wie viel / wie wenig geht wirklich
und was ist mit den ganzen anderen teuren Bergtouren die danach noch anstehen,
wenn wir unser Bergsteiger-Budget bereits jetzt verblasen..? Wir entscheiden
uns, uns aufzutrennen. Josef düst weiter nach Westen. Er geht in die
Verhandlungen und versucht einen guten Deal auszuarbeiten. Ich bleibe vorerst
in Kenkobe Village. Wenn sich ein gutes Angebot ergibt, stoße ich dazu, falls
nicht investiere ich die Zeit einfach sinnvoll im Medical Center.
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Daher nun eine kleine Besonderheit.
Da wir Zeitweise zur gleichen Zeit an zwei unterschiedlichen Orten waren gibt’s
also auch zwei Berichte über das, was wir so erlebt haben.
Johannes im Krankenhaus des
Fischerdorfs und Josef in den Bergen des Ruwenzori-Gebirges.
Wir beginnen mit dem Fischerdorf..;)
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Ich packe meine Sachen aus dem Urs
und stopfe sie in meinen großen Trekking-Rucksack. Josef düst nach dem
Frühstück (Es gibt Popcorn) weiter nach Westen und ich bleibe in Kenkobe
Village. Ein komisches Gefühl, ist doch das Fahrzeug seit einem halben Jahr ein
fahrendes Zuhause für einen geworden. Im Camilla Guesthouse, das dem Medical
Center angegliedert ist, steht jedoch bereits ein Bett für mich parat und auch
meine liebenswerten künftigen Mitbewohner (Lurche, Mäuse, Moskitos, Fledermäuse
und eine Amerikanerin) sind schon da..;) Nein, der Ort ist überaus nett, die
Leute gutherzig, das Essen monoton jedoch reichlich und der Zweck meiner
Anwesenheit sinnvoll! Wir betonieren den Ringanker und den Stahlbeton-Balken
des Eingangsbereiches. Dann heißt es warten. Bevor wir ausschalen können sollen
ein paar Tage vergehen und da hier nichts vorgefertigt, sondern alles vor Ort
gebaut wird steht die Baustelle auch erstmal still.
Ich orientiere mich um. Statt
(leider ziemlich erfolgloser) Prozessoptimierung auf der Baustelle helfe ich
bei der Organisation des Medical Centers. Ein Problem ist die Lagerwirtschaft.
Allzu häufig gehen die Medikamente und Betriebsmittel aus und müssen dann bei
Bedarf schnell mit einem Boda-Boda zu überteuerten Preisen von einer Apotheke
besorgt werden. Das wollen wir ändern. Moses, der Clinical-Officer (und damit
auch behandelnder Arzt) und ich durchkämmen also das gesamte Lager, führen eine
Arzneimittel-Inventur durch, legen Minimum- und Maximummengen der Medikamente
fest und erarbeiten ein Bestellformular, das die künftige Lagerhaltung und das
interne Bestellwesen deutlich vereinfachen soll. Wir versuchen darüber hinaus
die Bestellungen soweit vorauszuplanen, dass wir die Artikel künftig
quartalsweise bei einem großen Arzneimittel-Versandhaus ordern können um damit
die Kosten für die Medikamente drastisch zu reduzieren. Allerdings bin ich
schon froh, wenn unsere Idee soweit fruchtet, dass zumindest künftig kein
wichtiges Medikament mehr ausgeht..;)
Eine weitere Tätigkeit des Medical
Centers: Ein HIV-Outreach steht vor der Tür und ich kann mich diesem Ereignis
anschließen. Ein Outreach bedeutet, dass das Medical Center quasi Mobil wird
und in eines der umliegenden Dörfer fährt um kostenlose HIV-Tests
durchzuführen, Aufklärungsarbeit zu leisten und mit Rat und Tat der dortigen
Bevölkerung zur Seite steht. Krankenversicherung gibt es in Uganda quasi nicht
und so bleibt es meist an Hilfsorganisationen, für Aufklärung und präventive
Maßnahmen zu sorgen. Mit dem einzig sinnvollen Fortbewegungsmittel, einem
Boda-Boda, fahren wir ein naheliegendes Dorf an. Viele der Dorfbewohner haben
sich bereits versammelt und Andrew, der Laborant des Medical Centers ist
bereits dabei die ersten Blutproben zu nehmen. Vertreten sind alle
Altersklassen. Von dreizehnjährigen Schulmädchen bis zu alten Herren lassen
sich sämtliche Schichten des Dorfes auf HIV testen. Unterstützt von der
ugandischen Regierung werden die Daten der getesteten Bürger erfasst und später
in einer Datenbank abgelegt. Insgesamt über 66 Dorfbewohner können an diesem
Vormittag getestet werden, für 3 leider mit der tragischen Nachricht, dass ihre
Blutprobe positiv getestet wurde…
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Auf dem Weg ins Dorf - zu viert auf dem Boda-Boda! |
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Erfassung von Patientendaten |
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Die Leute warten bereits vor dem Gebäude. |
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Alle Altersklassen nehmen Teil... |
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... und werden auf HIV getestet. |
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Zwei negative und ein positives Ergebnis... |
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Die Kinder des Dorfes... |
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... sind sehr sehr neugierig... |
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... und anmutig dazu!! |
Kinley und ich sind nicht die
einzigen Muzungus im Medical Center. Pim, ein junger Volunteer aus Holland, arbeitet
ebenfalls fleißig mit. Er übernimmt administrative Tätigkeiten, erarbeitet
Schulungsprogramme für Hygiene- und Karriereförderung, die er gemeinsam mit
Kinley in der hiesigen Grundschule unterrichtet und versucht nebenbei immer
wieder den Cash-Flow des Medical Centers etwas genauer abzubilden. Er ist ein
intelligentes Kerlchen und durch seine zuvorkommende und liebenswerte Art eine
große Bereicherung für das ganze Team vor Ort!
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Pim an seinem Arbeitsplatz |
Ostern steht vor der Tür. Außer
Moses sind alle Mitarbeiter des Medical Centers Christen und somit ist
Ostersonntag auch kein Arbeitstag. Pim und ich verbringen den Tag damit, zuerst
die Kids aus dem Dorf und dann langsam aber sicher jeden einzelnen Mitarbeiter
des Medical Centers auf die Slackline zu pushen! Ich bin erstaunt über die
astreine Körperkoordination und die gute Balance dieser jungen Afrikaner. Ist
man bei uns daheim schon froh, dass die achtjährigen Kids beim McDonalds nicht
aus der Bällchenrutsche fallen, so schaffen es doch die ugandischen Youngstars
innerhalb von wenigen Minuten über die 10 Meter Line zu laufen!! Ostern ist
natürlich wie bei uns zuhause auch eine kulinarische Besonderheit! Die letzten
Tage habe ich mich von Reis mit Bohnen, Kochbananen mit Kohl, Süßkartoffel und
Popcorn ernährt. Heute an Ostern gibt es was Besonderes. Es gibt Fleisch! Und
was isst der gemeine Afrikaner, wenn er Fleisch essen möchte? Richtig: Ziege! Die
kommt natürlich nicht ausm Supermarkt, sonder wird frisch geschlachtet. Vor ein
paar Stunden noch friedlich neben der Slackline im Garten gegrast, hat das
Stündchen für die weiße Ronda bereits geschlagen und Hatchet, die Köchin des
Medical Centers, hängt sich ordentlich ins Zeug - Es wird ein Festmahl. Gehackte
Ziege mit sämtlichen oben genannten Beilagen und die Muzungus als weiße Gäste bekommen
natürlich das Beste des ganzen Tieres kredenzt - Den Ziegenmagen….
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Gute Körperbeherrschung die Jungs... |
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... und auch die älteren Damen!! |
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Breites Grinsen vorher... |
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und ganz schön nakedei nachher! |
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In der ugandischen Küche... |
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... und mit Hilfe des afrikanischen Thermomix... |
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... wird ein Festmahl sondergleichen kreiert! |
In Kenkobe-Village bekomme ich auch
Einblick in eine ganz besondere Art der Entwicklungshilfe. Kurz vor Ostern ist
Andrew, der Nachbar des Medical Centers, mit einem großen V8 Landcruiser
eingetroffen. Er betreibt ein Unternehmen namens SOVHEN und stellt sogenannte
„Bananapads“ her. Bananapads sind Damenbinden, die in einem recht einfachen
Verfahren aus Bananenblättern und Zellulose hergestellt werden. Also Öko, aus
heimischen Rohstoffen und im eigenen Land produzierte Binden für die ugandische
Damenwelt – eigentlich eine gute Idee. Die „Produktionshalle“ dient allerdings in
erster Linie als Aufenthaltsraum, Küche, Hühnerstall und Fussballhalle und die
Maschinen zur Produktion dieser „Bananapads“ liegen gemeinsam mit den
Halbfertig-Erzeugnissen in der Ecke der Halle und modern vor sich hin.
Produziert wird hier also sicherlich nichts (und wurde vermutlich auch nie
wirklich etwas), kommuniziert wird jedoch umso mehr. Wenns ums Marketing geht,
ist Andrew nämlich sehr gut vorbereitet. Mobile Messeaufsteller, die von seiner
Wertschöpfungskette im eigenen Land und der astreinen Qualitätssicherung
berichten, Musterprodukte in durchdesignten Give-Away-Verpackungen und eine
Gruppe Dorffrauen, die auf Zuruf parat steht und die ganze
Bananapads-Produktion zum kurzweiligen Scheinbbetrieb aufleben lässt, falls
sich Besuch zu Besichtigungszwecken angekündigt hat. Es handelt sich also
leider nur um eine oscarreife Inszenierung einer aus Drittmitteln und
internationalen Spenden finanzierten Entwicklungshilfe um lokal produzierte
Damenbinden zu erzeugen... Andrew hingegen fährt V8, kauft große Mengen an Bier
und hochprozentigem Alkohol, funktioniert die „Produktionshalle“ kurzerhand zur
Disco um und lädt als stolzierender Gockel das halbe Dorf am Ostermontag zur
großen Freibier-Sause ein…
Inzwischen sind schon zehn Tage
vergangen seit Josef zu den Bergen aufgebrochen ist. Einen Tag nach Ostern machen
wir uns also auch auf den Weg nach Westen, wo wir mit Josef am Lake Bunyonyi
verabredet sind. Der Aufmerksame Leser hat bereits gemerkt, dass ich nicht
allein nach Westen unterwegs bin. Kinley und Pim begleiten mich. Sie gönnen
sich eine kleine Pause vom Arbeitsleben und werden für ein paar Tage mit uns
Reisen. Es wird sich also vom Medical Center verabschiedet und mit Boda-Boda, Matatu (ein Kleinbus mit 12 Sitzplätzen, jedoch Durchschnittlich. 22 Passagieren) und einem Langstrecken-Reisebus fahren wir am
Dienstag nach Ostern ca. dreihundert Kilometer nach
Südwesten zum oben genannten Lake Bunyonyi.
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Faszinierende Kreaturen... |
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... sind auch auf zwei Beinen unterwegs. |
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Wie spiele ich die Hundharmonika? |
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Moses, der fleißige und sehr angenehme Clinical Officer des Medical Centers. |
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Byebye Kenkobe & Medical Center ... |
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... byebye Muzungu!! |
Zeitgleich im Westen Ugandas steigt Josef auf die Ruwenzori-Berge:
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Nach den letzten ruhigeren Tagen im Medical Center fällt
es mir einerseits schwer dieses zu verlassen, aber andererseits zieht es mich
magisch weiter nach Westen zu den Ruwenzori-Bergen. Ich habe schon in meiner
Jungend mehrere Dokumentationen über dieses Bergmassiv gesehen, die mich damals
schon in den Bann gezogen haben. Ruwenzori heißt übersetzt „Regenmacher“ und
diese Bezeichnung kommt nicht von ungefähr. Die Ruwenzoris liegen in Mitten der
Tropen an der Grenze zwischen dem Kongo und Uganda. Täglicher Regen sowie
extrem hohe Luftfeuchtigkeit sind Programm und verleihen dem Namen alle Ehre. Die
Ruwenzoris sind das dritthöchste Gebirge nach dem Kilimanjaro und dem Mount
Kenia in Afrika. Der höchste Gipfel ragt
5109 Meter über den Meeresspiegel hinaus und nennt sich Margherita Peak.
Dort oben in der Gipfelzone gibt es mehrere Gletscher, die aufgrund der
Klimaerwärmung entweder schon verschwunden sind oder noch verschwinden werden. Diese
Kombination an Merkmalen ist weltweit einzigartig und ist auch der Grund, warum
die UNESCO die Ruwenzoris zu einem Naturerbe ernannt hat. Aber auch die
bergsteigerische Herausforderung ist einzigartig und die zu erwartenden
Strapazen beschäftigen mich schon seit längerem. Ich habe am Ras Dashen und
Mount Kenia viel bezüglich längeren Bergtouren in großer Höhe gelernt und auch
lernen müssen und möchte kein erneutes Desaster erleben.
So ist es auch nicht verwunderlich, dass ich beim ersten
Anblick des Ruwenzori-Bergmassivs
während der Durchfahrt der Tiefebene im Queen Elizabeth Nationalpark tiefsten
Respekt empfinde. Diese sind – wie eigentlich die meiste Zeit - wolkenverhüllt, aber schon die sichtbaren
Umrisse lassen Böses erahnen. Das Ziel für heute ist Kasese, eine kleine
Provinzstadt im Osten der Ruwenzoris. Von dort aus werden alle Bergtouren
normalerweise organisiert. Auf dem Weg dorthin geht es wieder zurück über den
Äquator in die Nordhalbkugel und nah an der kongolesischen Grenze vorbei.
Nachdem im Ostkongo seit Weihnachten wieder ein paar Partysanen zur
Disconightexplosion aufgerufen haben keine gute Ecke, um als weißer Tourist
nach dem nächsten Internetcafe zu fragen. Deswegen schickt anscheinend die UN
bloß verrückte Russen in den Kongo, da sich diese ganz wie zu Hause fühlen –
nur dreißig Grad wärmer.
In Kasese angekommen beginnt zuerst der afrikanische
Verhandlungswahnsinn, der je nach Gegenüber mal mehr mal weniger Spaß machen
kann. Leider wird die in Bayern beim Verhandeln so gern verwendete „Watschn“ in
Afrika als Bescheißen gewertet. Auch der in Bayern allseits bekannte
Meinungsverstärker Holzknüppel ist nicht erlaubt, was es nicht einfacher macht.
Da das erste offizielle Angebot in Kampala mit 1200 Dollar pro Person für eine
Sechstagestour zum Margherita Peak jenseits von Gut und Böse war, werde ich
alle diplomatischen Raffinessen anwenden müssen, um hier vor allem alleine ein
akzeptables Ergebnis zu erzielen. Dabei gilt es in Afrika einige
Verhandlungsgrundregeln einzuhalten, um erfolgreich zu sein:
·
Verhandlungen nur mit Entscheidungsträgern!
·
Anreize bieten, die die jetzige Entscheidung
rechtfertigen
·
Vergleiche mit ähnlichen Gegebenheiten in der
Heimat
·
Smalltalk über Fussball etc.
Ich habe dieses Mal mit dem Verhandlungspartner richtig
Glück und am Ende des Tages habe ich mit dem etwas verwirrten und planlosen General
Manager der zuständigen Agentur ein richtig gutes Angebot ausgehandelt. Sechs
Tage Trekking mit Porter und Guide inklusive Gletscherequipment – worauf
normalerweise auch horrende Leihgebühren anfallen – für ungefähr die Hälfte. Selbst
die der Verhandlung bewohnenden Angestellten haben mit dem Kopf geschüttelt,
als deren Chef zu dem ausgehandelten Deal eingeschlagen hat. DIA – Das Ist
Afrika. An manchen Tagen gewinnt man und an manchen verliert man. Als ich am
Abend Joe über das sehr gute Angebot informiere und ihm anbiete, am nächsten
Tag noch in die Tour mit einzusteigen, entscheidet sich dieser leider dagegen.
Am nächsten Tag geht es am Ruwenzori-Nationalparkgate los.
Zuvor bekomme ich noch meinen Guide und drei Träger zugewiesen. Ich habe mich
bei der Verhandlung über die Trägeranzahl am Vortag breitschlagen lassen, da
ich eigentlich einen oder zwei Träger als ausreichend erachtet habe. Als ich
die Jungs aber dann live und in Farbe gesehen habe, waren für mich auch drei in
Ordnung. Die Guides und Porter in den Ruwenzoris sind alle vom Volk der Twa,
einem Pygmäenvolk, das in dieser Region Ugandas lebt. Diese sind alle
mindestens einen Kopf kleiner wie ich, aber es wird sich die nächsten Tage sehr
schnell herausstellen, dass diese unglaublich zäh und flink sind. Und so geht
es am späten Nachmittag mit den vier Zwergen in die Ruwenzori-Berge.
Die erste dreistunden Etappe führt über gut ausgebaute
Wege bei schönem Wetter bis zur Nyabitaba
Hut (2.651 m). Die hohe Luftfeuchte reicht aber vollkommen aus, um
alle getragenen Kleidungsstücke in der Zeit pitschnass werden zu lassen. Ich
habe nur einen Satz Ersatzklamotten dabei und blicke sorgenvoll den nächsten
Tagen entgegen, da jederzeit auch noch heftige Regenfälle in den Ruwenzoris
auftreten können. Mein Guide Eric und ich gehen am Abend die Etappen der
nächsten Tage durch. Ich möchte eine andere Strategie wie am Mount Kenia
ausprobieren und nicht mehr über 4000 m Höhe schlafen sowie immer ausreichend
Flüssigkeit trinken, um den Problemen mit der Höhenkrankheit aus dem Weg zu
gehen. Ich habe meine Etappenplanung zuvor intensiv mit Karten und meiner Bergerfahrung
ausgetüftelt, aber Eric sieht mich zunächst nur mit großen Augen an, willigt
aber mit den Worten „Let us try“ ein.
Der nächste Tag zeigt mir auch ziemlich schnell warum und
was ich in meiner Planung missachtet habe: In den Ruwenzoris Bergsteigen ist kein
normales Bergsteigen! Die befestigten und gut geh baren Wege hören im
Centralcircuit nach der Nyabitaba Hut plötzlich auf und verwandeln sich in
Schlamm- und Moorastpfade, bei denen mit diversem Holzmaterial versucht worden
ist, diese zu entschärfen. Das Holzmaterial bestehend aus Baumstämmen, Ästen,
Holzlatten etc. bringt aber ein neues Problem mit sich. Falls dieses nämlich
nass wird, was ja praktisch in den Tropen so gut wie nie passieren kann, dann
ist dieses schmierig wie eine Seifenrutschbahn. Zu allem Unheil habe ich mich
nicht für Gummistiefel sondern für meine Bergstiefel entschieden, die eine
harte und unflexible Sohle haben und nicht gerade für nasses Holz geeignet
sind. Wir verbringen also den ganzen Tag mit über rutschigem Holz zu balancieren,
von Grasbüschel zu Grasbüschel im Sumpf zu hüpfen, Flüsse ohne Brücken zu
überqueren, nasse Felsen hoch und runter zu klettern oder im Schlamm waten. Trotz
allen Widrigkeiten erreichen wir das Tagesziel, die Bujuku Hut auf 3915 m mit
dem Resultat nasse Stiefel und Socken, sowie schlammige Hosenbeine zu haben. Am
nächsten Morgen geht es mit Eric in den gleichen Klamotten zum höchsten Gipfel
in den Ruwenzoris, dem Margherita Peak auf 5109 m. Ziel ist es heute den Gipfel
und danach die Kitandara Hut (3960 m) zu
erreichen. Die Höhendifferenz beträgt zwar nur knappe 1200 HM, aber auch in
dieser Tagesetappe haben es die Ruwenzoris in sich und warten mit einigen
Überraschungen auf den Gipfelstürmer. Die Träger nehmen einen anderen Weg zur
Elena Hut (4470 m) , wo wir uns später nach dem Gipfel treffen wollen. Über
eine Abkürzung geht es anfangs wieder durch Moorast, danach steil bergauf durch
dichte Lobelienbestände und weiter mit Felskrakeln bis zum Margherita
Gletscher. Dort legen wir das Gletscherequipment an und zu meiner Überraschung
ist der Margherita Gletscher richtig steil. Teilweise auf allen vieren und mit
Eispickel im Dauereinsatz geht es weiter nach oben. Aufgrund der nassen Stiefel
und Socken brauche ich nicht zu erwähnen, dass es keine zehn Minuten dauert,
bis meine Zehen anfangen einzufrieren. Nach einer dreiviertel Stunde auf dem
Eis spüre ich meine Füße so gut wie nicht mehr und die häufig vorzufindenden
Gletscherspalten lassen den Spaßfaktor nochmal ansteigen. Die Freude ist groß
wieder auf Fels und fünfzehn Minuten später am Gipfel zu stehen. Diese hält
aber nicht zu lange an, da es pünktlich am Gipfel zu regnen bzw. zu schneien
beginnt und wir mit dem Abstieg starten müssen. Auch unter dem Begriff Abstieg
wird in den Ruwenzoris Gegenteiliges verstanden. Und weil es so schön war
klettern wir nach dem Abstieg des Margherita Gletschers weiter über
mittlerweile nassen schmierigen Fels
ohne Sicherung hoch zum Stanley Gletscher, um diesen dann ebenfalls ohne
Sicherung bei Schnee und Regen zu überqueren. Über die Gletscherspalten
springen wir einfach. DIA – Das Ist Afrika. Angeblich der einzige Weg zur Elena
Hut und nachdem wir den Stanley Gletscher überquert haben beginnt der
eigentliche Abstieg, der sich als Nervenzerreißprobe entpuppt. Das Gelände ist
extrem steil, der Fels ist richtig nass und schmierig, Versicherungen bestehend
aus alten Kletterseilen sind nur an wenigen Schlüsselstellen zu finden und
dementsprechend langsam kommen wir auch voran. Es dauert den ganzen Nachmittag
bis wir die Elena Hut erreichen und nach einer kurzen Pause geht es direkt
weiter zur Kitandara Hut. Damit dem gemeinen Bergsteiger auch hier nicht
langweilig wird, müssen noch der Scott Elliot Pass mit 4372 m und mehrere
hundert Höhenmeter hügeliges Gelände überquert werden. Nach über zwölf Stunden
erreichen wir die Hütte und können auf eine erfolgreiche Gipfelbesteigung
zurückblicken. Da es in dieser Nacht stärker zu schneien beginnt, wäre eine
Gipfelbesteigung am nächsten Tag wahrscheinlich nicht mehr möglich gewesen. Wir
steigen am nächsten Morgen weiter ab, müssen aber zuerst den Fresh Field Pass mit
4215 m erklimmen, bevor der endgültige Abstieg zum Gate auf 1600 m beginnen
kann. Der Fels ist nach wie vor schmierig, die Schlamm- und Moorastfelder in
der Südschleife intensiver als beim Aufstieg über die Nordschleife des
Centralcircuit. Kurz vor Einbruch der Dunkelheit erreichen wir das Gate und
sind nach dreieinhalb Tagen wieder zurück. Ich hatte ursprünglich bei der
Verhandlung um Kosten zu sparen auch auf weniger Tage plädiert, aber mich dann
zu sechs Tagen überreden lassen. Angeblich nicht machbar in weniger als sechs
Tagen. Ich würde im Nachhinein eher auf wirtschaftliche Interessen tippen, da
es in Afrika Worte wie „Rückgabe“ oder „Erstattung“ nicht gibt. In diesem Punkt
habe ich jedenfalls verloren und somit ist das Gleichgewicht wieder
hergestellt.
Am ersten April habe ich einen Platz für das
Gorillatrekking im Bwindi Impenetrable Nationalpark in Kampala reserviert. Es
ist Low Season, so dass die Preiskonditionen erträglicher sind als in der High
Season. Ich bin seit Fort Portal mit dem Australier Matt unterwegs, der
ebenfalls die letzten Berggorillas hautnah erleben will. Diese gibt es
nirgendwo auf der Welt in Gefangenschaft zu sehen und sind nur in zwei kleinen
Gebieten im Ostafrikanischen Graben zu finden. Vor allem Dian Fossey und ihrer
Arbeit in der Region ist es zu verdanken, dass diese Spezies mit heute ca. 800
verbliebenen Exemplaren überhaupt noch existiert. Auf dem Weg von Fort Portal
in den Bwindi Impenetrable Nationalpark macht uns vor allem der in der
Regenzeit obligatorische Regen schwer zu schaffen und verwandelt die nicht
geteerten Abschnitte in Schmierbahnen. Vor allem an den Steilhängen des Lake
Bunyonyi ein Nervenkitzel, da ein Fahrfehler Urs inklusive uns in den See
befördert hätte. Es geht alles gut uns so erreichen wir den sehr hügeligen und
grünen Süden Ugandas. Das Gorillatrekking startet am Morgen mit acht
Teilnehmern und den Rangern. Diese führen uns in ein Tal hinab zur Grenze des
Nationalparks, wo wir eine aus siebzehn Tieren bestehende Gorillagruppe
antreffen. Diese ist gerade hauptsächlich mit Fressen beschäftigt und bewegt
sich langsam in Richtung Wald. Vor allem einem Silberrücken hautnah zu begegnen
ist eine intensive Erfahrung, da diese Tiere zwar ungeheuer groß und kräftig
sind, aber keinerlei böse Absichten verfolgen. Das ist auch gut so, da es für
einen Silberrücken kein Problem sein soll, einem Menschen die Gliedmaßen
auszureißen. Nachdem mir ein Silberrücken auf zwei Meter Distanz gegenüber
gestanden ist, würde ich das auch ohne zu Zweifeln so bestätigen. Die Stunde
bei den Gorillas vergeht im Flug und die größten Menschenaffen der Welt so
hautnah in freier Wildbahn sehen zu können war definitiv ein Highlight in
Ostafrika. Danach geht es zurück zum Lake Bunyonyi, an dem wir uns mit Joe,
Kinley und Pim wieder treffen wollen, um gemeinsam nach Ruanda zu reisen.
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Am Lake Bunyonyi sind wir also
wieder vereint. Josef hat ebenfalls Begleitung dabei. Matt, ein junger Australier,
der mit Rucksack durch Afrika tourt hat ihn bereits bei den Gorillas begleitet
und ist mit von der Partie. Der See ist sehr idyllisch und lädt zum Baden und
Bootfahren ein. Wir leihen uns ein paar Einbaum-Kanus und schippern einen
Nachmittag im Schlangenkurs um die Zahlreichen kleinen Inseln des Sees, bevor
wir uns am nächsten Tag Richtung Ruanda aufmachen werden….
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Auf dem Weg zum Lake Bunyonyi... |
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PimPo & Johannes |
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Ein idyllischer See,... |
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...auf dem man durch die Gegend paddeln kann,... |
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... Gin aus Plastiktüten trinkt, ... |
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... versucht die Balance zu halten... |
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... und der uns sicher unvergessen bleibt!! |
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