Donnerstag, 10. Januar 2013

Welcome to Sudan!!



Info vorab:
Studiert man die Internetseite des Auswärtigen Amtes, so würde man es sich sicherlich zweimal überlegen den Sudan zu bereisen. Dort fndet man Hinweise wie: „Terroristische Gruppierungen haben zum „Dschihad“ in Sudan aufgerufen und speziell westliche Einrichtungen als Ziele genannt.“ – oder:  „Es ist, wie aktuelle Hinweise bestätigen, jederzeit mit weiteren Entführungen westlicher Staatsangehöriger zu rechnen. Gerade auch deutsche Staatsangehörige sind einer deutlich ansteigenden Anschlags- und Entführungsgefahr ausgesetzt.“
 Wir haben es uns daher zu Eigen gemacht, weniger den Sicherheitsmeldungen des Amtes als vielmehr den Reiseberichten und Erzählungen anderer Reisender Glauben zu schenken! Denn nahezu alle Reisenden im Sudan berichten fast ausschließlich positiv über diesen! Unsere eigenen Erfahrungen sollten dies bestätigen!!

Kurz zur Erinnerung - Ägypten im Schnelldurchlauf:

Viele Tempel zu bestaunen...
Auf und ab am Nil
Shisha & Domino im Cafe (Achja, wen interessierts wen in Ägypten ein mittelgroßer Müllhaufen brennt? Richtig, Niemand!!
Gruppenreise deluxe
Wir befinden uns also in Asuan (Ägypten), teilen uns ein Hotelzimmer mit den beiden Briten und werden in zwei Tagen mit der Personenfähre gen Sudan fahren – inschallah! Urs ist bereits auf dem Weg nach Wadi Halfa – dank der hervorragenden Arbeit von Mr. Kamal (+20 1005322669). Wir vertreiben uns die Zeit mit Bootstouren, Museumsbesichtigungen, Shisha rauchen, Tee trinken und Geldwechseln (im Sudan gibt es weder ATM’s, noch die Möglichkeit Geld von einer Bank abzuheben – man schleppt also sämtliche Devisen vorab über die Grenze ins Land…). Samstagvormittag geht’s dann auf zum Hafen. Den Weg kennen wir bereits, da wir ja einige Tage zuvor unser Auto dort geladen haben. Waren wir damals fast alleine im Hafengelände unterwegs, so sollte sich die Situation nun um 180° gewendet haben. Bereits der Hafenvorplatz ist überfüllt mit hunderten von Menschen. An der Hautfarbe und der Kleidung erkennt man deutlich, dass hier nicht Ägypter auf dem Weg in den Sudan sind, sondern Sudanesen wieder zurück in die Heimat fahren. Ja, auch der lokalen Bevölkerung steht nur die Reisemöglichkeit per Boot offen. Auch wenn die asphaltierte Straße westlich des Nassersees fertiggestellt ist und befahren werden kann (Einige Overlander haben dies mit einem erheblichen Zeit- und Kostenaufwand bereits gemacht) muss eigentlich jeder, der von Ägypten in den Sudan (oder umgekehrt) will auf das Boot ausweichen… Wessen Interessen dabei genau befriedigt werden wissen wir nicht im Detail, aber sie reichen anscheinend aus um die Straße weiterhin geschlossen zu halten. Die lokalen Reisenden haben wenig Gepäck, dafür umso mehr Importartikel bei sich. Von Flatscreen TV’s der Marke Samsung über „7in1–Küchengeräte“ bis hin zu Kühlschränken und Waschmaschinen.. Was es im Sudan nicht gibt, holt man sich halt aus Ägypten..
Nachdem wir uns gekonnt um die Sicherheitsschleuse herumgeschlichen haben und auch der Grenzbeamte nichts wegen unseren überzogenen Visums zu meckern hat betreten wir das Boot. Bei der Menschenmenge, welche wir noch vor 20 Minuten wahrgenommen haben, rechnen wir mit einer stattlichen Fähre, welche die entsprechende Anzahl an Reisenden und den dazugehörigen Haushaltswaren auch problemlos chauffieren kann. Was wir aber für die nächsten 20 Stunden unser Zuhause nennen dürfen ist jedoch ganz anders. Zu klein, alt, stinkt und ist überfüllt. Nun wollen wir die Situation ja nicht schlimmer darstellen als sie wirklich ist, da aber in den Toiletten ca. 5cm hoch das „Wasser“ (so ganz genau beschreiben will ich nun nicht, was darin alles schwimmt) steht, sind wir sehr froh unseren Verdauungsapparat aktuell ganz gut im Griff zu haben..;)
Den ersten Schock überwunden ist es dann aber doch ganz nett auf dem Boot! Die Leute raffen sich zusammen und bauen kleine Lager zum schlafen und teetrinken, politische Diskussionen werden bis tief in die Nacht geführt und mit einem alten Pappkarton als Schlafunterlage überleben auch wir die kalte Nacht an Deck.

wieviele Passagiere passen auf ein Boot??
Den Tempel Abu-Simbel können wir am frühen morgen vom Boot aus sehen.
Wir erreichen unseren Ankunftshafen in Wadi Halfa am späten Morgen. Nachdem der Kapitän den alten Betonsteg dreimal kräftig gerammt hat und die ersten Einreiseformalitäten bereits im Boot erledigt werden konnten (jeder darf sich nun selbst ausmalen, wie geordnet und strukturiert es dabei auf einer überfüllten sudanesischen Passagierfähre zugeht) dürfen wir das Boot verlassen. Nach Draußen dürfen und nach draußen können will hier jedoch kräftig unterschieden werden. Vom Ausgang und der dort auffindbaren frischen Luft trennen uns lediglich 40 Meter – drei 90° Kurven, eine Stahltreppe und 4 Seitengänge inklusive. Jeglicher Quadratzentimeter ist gespickt mit Mensch, mal mehr und mal weniger nervös. Als sich die stählerne Luke öffnet scheint die Sonne rein - und die Situation zu eskalieren. Koffer, Taschen und Kleinkinder werden über die Köpfe hinweg getragen, laute Rufe von so gut wie jedem, dem ein Mundwerk gewachsen ist unterstreichen das heftige Gedränge und man fühlt sich wie in der dritten Reihe eines Sodom-Konzerts – ja, Crowdsurfen scheint auch hier die sicherlich eleganteste Methode, um schnell nach draußen zu kommen..;)

schnell runter vom Boot - selbst Kinder werden aus dem Fenster gereicht...
 Dem windigen und schlechten Wetter auf dem Stausee haben es wir zu verdanken, dass die Autos noch nicht angekommen sind. Wir suchen uns also ein Hotel in Wadi Halfa. Auch Hotels haben im Sudan einen anderen Standard, als wir es als Mitteleuropäische Economy-Touristen gewohnt sind. Ein kleiner Raum mit lediglich vier Betten und eine Sahltüre, deren Vorhängeschloss nicht funktioniert, wird uns also für die nächsten Tage als Unterkunft dienen. Nach der Inspektion der Waschräume ist uns klar: Man erledigt seine Toilette am besten in der Morgendämmerung, im Sichtschatten des kleinen Felsens hinterm Hotel..;)
Nur schlechtes vom Sudan? Sicherlich nicht! Geht man mit offenen Augen durch das kleine Städtchen, so entdeckt man auch seine sehr schönen und charmanten Seiten! Wadi Halfa ist geprägt vom Durchreisetourismus und den Goldsuchern, welche sich auf bestimmte Zeit hier niederlassen um ihr Glück in der sudanesischen Steinwüste zu versuchen. So kann man an jeder Straßenecke Hammer und Pickel für die Goldsuche kaufen und viele Goldmühlen mahlen, waschen und wiegen eben jenes Edelmetall aus, welches die Glücklichen von ihren wochen- und monatelangen Wüstentrips in die Stadt bringen. Überall dort, wo kein Goldsuchzubehör-Verkäufer sitzt findet man hingegen kleine „Teehäuser“. Ein kleiner Tisch, ein Lagerfeuer, 10 Gläser und 3 Hocker reichen vollkommen aus, um das Business der Teefrauen am Laufen zu halten. 2 sudanesische Pfund kostet ein Gläschen Tee - das sind ca. 25 EuroCent - und ein herzliches „welcome to sudan“ ist inklusive.
Nachdem wir uns durch sämtliche Geschmackrichtungen hindurchgetrunken haben erfahren wir, dass nach 2 Nächten in Halfa die Zeit gekommen ist weiterzureisen. Die Barge mit den Autos ist angekommen und wir können beginnen die Importformalitäten anzugehen. Unser hiesiger Fixer hat alles bestens im Griff und den Import exzellent vorbereitet. Dies bedeutet, dass die Formalitäten nach 2 Stunden erledigt sind und wir die Autos aus dem Hafen fahren können! Hierbei ein großes Lob an Mr. Mazar (+249 122380740) welchen wir dringend empfehlen können!

Wadi Halfa as its best!
unser Hotelzimmer - zweite Türe links
4 Betten & pure Begeisterung...;)
Zeitvertreib mit leckerem Hibiskustee in Halfa
Wir starten am frühen Nachmittag. Kurzer Stop an der Tanke, denn es liegen tausende von Kilometern durch die sudanesische Wüste vor uns. Unsere erste Etappe bringt uns gen Süden nach Delgo, einem sehr kleinen Ort am Nil, welcher nach den aktuellsten Informationen von Louis (unserem niederländischen Freund) über eine kleine Fähre verfügt. Die Sehenswürdigkeiten entlang des Nils befinden sich nämlich am Westufer, Halfa liegt jedoch am Ostufer. Wir überqueren den Nil und fahren von Delgo aus wieder ein paar Kilometer nach Norden um dort alte nubische Tempel und Friedhöfe zu finden. Nubien bzw. das „Reich von Kusch“ war ein großes Reich zwischen Asuan und Karthoum, welches dem alten Ägypten in nur wenig nachstand. Gegenseitig sich stark beeinflussend waren hier ebenfalls große Tempel, Pyramiden und teilweise auch dieselben Gottheiten vorherrschend. Dies bedeutet, dass es entlang des Nils durchaus einiges an historischem Stoff zu sehen gibt! Die Sudanesen gehen mit diesem Potenzial jedoch ganz anders um als die Ägypter. So muss man in Ägypten, sobald man den großen Schildern folgend am Parkplatz angekommen ist, bei jedem Besichtigungs-Highlight, zuvor eine kleine Shopping-Mall durchqueren und sich vor den dreisten Rufen und Andreh-Versuchen der hiesigen Marktschreier in Acht nehmen, nur um nach dem Kauf seines Eintittstickets feststellen zu müssen, dass der 40 Meter lange und somit vollkommen unnötige Tschu-Tschu-Zug-Service nicht im Eintrittspreis enthalten ist. Im Sudan hingegen fährt man auf willkürlichen Wüstentracks ca. 4 Stunden entlang der Luftlinen-Peilung seines GPS, um am Horizont die Tempelanlage zu entdecken, sich frei einen Parkplatz hinter der nächsten Düne zu suchen, um dort als einziger Tourist der letzten 3 Wochen die alten Anlagen besichtigen zu dürfen. Zwar hat das Sudanesische Tourismus-Ministerium natürlich inzwischen auch eine Eintrittspauschale von saftigen 50 US-Dollar pro Sehenswürdigkeit eingeführt, da aber kein besetztes Kassenhäuschen existiert und sich die Nachricht über angekommene Touristen erst durch das ganze Dorf sprechen muss, bis der hiesige Geldeintreiber einen wahrnimmt, ist die Chance durchaus vorhanden, Kultur für lau zu bekommen. Und sollte man doch erwischt werden, besteht immer noch die Möglichkeit über gewisse „Nachverhandlungen“..;) Unser erster Tempel ist also jener zu Soleb. Gefolgt von den Tempeln Sesibi und Sedenga erkunden wir ein paar Tage das verlassene Gebiet des Nubien westlich des Nils. Wir durchqueren einige Goldabbaugebiete und kleinere idyllische Dörfer und bekommen einen ersten Eindruck von der sudanesischen Gastfreundlichkeit, welche gepaart ist mit einer gewissen Zurückhaltung. Das Leben hier gestaltet sich sehr reduziert. Die lokale Bevölkerung trägt häufig traditionelle Kleidung welche besonders bei den Frauen sehr schick und farbenfroh ausfallen kann. Ganz im Gegensatz zu unseren Erwartungen sind die Frauen hier vielmehr in das öffentliche Leben integriert und tragen ihr Kopftuch auch offener und legerer als die Frauen in Ägypten. Gewohnt wird in Lehmbauten. Holz gibt’s so gut wie gar nicht und Türen, sobald überhaupt vorhanden sind aus Stahl oder Vorhängen. 

Staubige Wüstentracks...
... bringen uns zu den Tempeln
Alte Moschee bei Delgo
sudanesische Lehmbauten
Ein bisschen Holz gibts dann wohl doch...;)
Mit dem Tandem vom Nordkap bis Kapstadt - Respekt!!
Unsere Fähre über den Nil...
... bringt uns ins sudanesische Hinterland!
Legere Kopfbedeckung
 und sudanesische Gastfreundschaft.
lecker Brot aus der hiesigen Bäckerei!!
In Seddenga wird derzeit ein Friedhof ausgegraben..
...und französische Archäologen helfen bei der Arbeit.
Tempel von Seddenga
Malerische Landschaften..
... und internationale Wettbewerbe..;)
4,2 Liter - Turbocharged
Neben dem ganzen Sightseeing campieren wir jede Nacht frei in der Wüste, flicken Reifenplatten und kochen mit unserer aktuellen 7-köpfigen Reisegruppe groß auf. Zu dieser Gruppe gehören Anneke und Floris (www.reisfloris-janenanneke.nl), ein niederländisches Rentnerpärchen und natürlich Louis. Gemeinsam steuern wir Dongola an, füllen am hiesigen Markt unsere Vorräte wieder auf und nutzen die Asphaltstraße um ein paar schnelle Kilometer (immerhin sind wir auf Asphalt mit fast 80 km/h unterwegs) nach Karima zu fahren. Dort findet sich wiederum eine Menge nubischer - genauer napatanische - Historie. Der große Tafelberg „Jebel Barkal“ vor der früheren Stadt Napata ist bereits von weitem sichtbar und half bereits 1500 v. Chr. Reisenden und Pilgern bei der Orientierung. Ihm zu fuße liegen einige Tempelanlagen und ein Friedhof. Wir springen schnell über die Tempelanlagen (der Geldeintreiber könnte ja auch diesmal ganz nah sein..;)) und begeben uns in die heutige Stadt Karima. Dort gibt es Internet haben wir gehört. Naja, das einzige Internetcafe hat momentan Probleme und wir werden auf „in ein paar Stunden“ vertröstet. Nach ein paar Stunden jedoch ist Internet wirklich da und wir können kurz die nötigsten Dinge organisieren und den liebsten Menschen ein paar Nachrichten hinterlassen.
An dieser Stelle sei mir nochmal kurz der Hinweis erlaubt, dass ein tägliches blogging aufgrund eines fehlenden Internetzuganges gar nicht möglich ist. Da auch die Unmengen an Eindrücken  und Erfahrungen erst verarbeitet, selektiert und danach, mit ausreichendem Abstand des Betrachters in Worte gefasst werden wollen, wird voraussichtlich auch in Zukunft der Blog im ca. 4-wochen-Rhythmus aktualisiert werden. Sorry fürs warten, aber zu bloggen soll keine ungeliebte Pflicht werden, sondern ein Hobby bleiben. Und zu warten hat ja manchmal auch was ganz spannendes an sich…;)

Reifen-Reparatur-Action die Erste..:)
Typisch Louis...
...Anneke...
... und Floris.
http://www.reisfloris-janenanneke.nl
Wilde Wüstenfüchse...
...umgeben von Wüstensand
In Karima können wir also Wasser besorgen, auftanken und ein paar Dinge online organisieren. Wir verabschieden uns von zwei Reisepartnern. Anneke und Floris ist es nachts zu kalt in der Wüste und sie wollen schneller gen Süden und Louis will ein paar Felsenmalereien tiefer in der Wüste suchen gehen. Da wir uns allerdings mit den beiden Briten bereits sehr gut eingespielt haben und die Reisepläne der Jungs ganz gut mit unseren eigenen zusammenpassen bleiben wir als Vierergespann zusammen. Nach einer weiteren Nacht in der Wüste wollen wir die Pyramiden von Nuri besichtigen und den neuen Merowe-Damm am 4. Nilkatarakt besichtigen. Wieder ein Punkt in dem sich der große Unterschied zwischen Ägypten und dem Sudan herauskristallisiert. Der große Asuan-Staudamm in Ägypten ist für jeden be- und überfahrbar. Für Touristen allerdings nur, wenn diese eine entsprechende Besichtigungskarte für 30 EP pro Person erwerben – jeder andere darf umsonst drüber - Frechheit… Der Nilstaudamm in Merowe ist hingegen für niemanden offen. Militärisch abgeriegelt wird jeder kontrolliert, welcher die Straße neben dem Damm (nicht über den Damm) passieren will. Wir geraten also in die Militärkontrolle und erklären den Militärs mit Händen und Füßen, dass wir „nur“ den Damm besichtigen wollen. Dies wirft natürlich einige Fragen auf. Die Sudanesen sind bezüglich ihrer Sicherheitspolitik sicherlich nicht mit westlichen Nationen zu vergleichen. Nicht umsonst darf man im Sudan öffentliche Gebäude überhaupt nicht fotografieren und für alle anderen Fotos braucht man eine spezielle Fotografie-Erlaubnis… Naja, wir werden jedenfalls in den Sicherheitsbereich gebracht (Der Damm ist zumindest schonmal in Sichtweite) und dürfen noch ein paar mal erklären, dass wir nur Touristen sind, die den Damm kurz besichtigen möchten. So ganz wissen wir nicht, ob es nun eine gute Idee war den Jungs die Wahrheit zu sagen, aber nachdem unsere Pässe entsprechend ausgiebig kontrolliert wurden dürfen wir einen englisch-sprechenden Sicherheitsmitarbeiter unseren persönlichen Begleiter nennen, der sich satte 2 Stunden Zeit nimmt und uns den Damm und die Anlagen zeigt. Nach der Besichtigung (btw der Damm ist ein enormes Bauwerk mit 10 km Länge und satten 1200 MW elektrischer Leistung!!) werden wir äußerst freundlich und winkend wieder verabschiedet, ohne auch nur einmal nach einem Eintrittsgeld oder Bagschisch gefragt zu werden – Wahnsinn!! (so muss man mit Touristen umgehen, liebes Ägypten)


Pyramiden von Nuri
Damm von Merowe (streng verbotenes Bildmaterial)
 Den Damm verlassend brechen wir auf nach El-Kurru. El-Kurru ist ein alter nubischer Friedhof und auch nur einen Katzensprung von Karima entfernd. Wir haben gehört, dass man dort ein paar Pyramidengräber besichtigen kann, welche aufgrund des sehr geringen Tourismus sehr gut erhalten sein sollen. Wir wissen von dem Ort, wo sich der Friedhof befindet und wir wissen, dass wir zuvor noch den Schlüsselwächter in der dazugehörigen Ortschaft finden müssen, denn nur dieser hat den Schlüssel zu den Gräbern… Ein bisschen fühlen wir uns wie in einen Indiana Jones Film versetzt, als wir uns mit einem GPS-Punkt bewaffnet, welcher „find the Keeper of the Keys“-heißt, auf die Suche nach eben jenem machen. Dreimal links, einmal rechts, umdrehen, links und geradeaus. Wir sind angekommen am GPS-Punkt des Schlüsselwächters. Allerdings stehen wir mitten in einer Seitenstraße eines kleinen Wohngebietes, ein paar Kinder spielen „what’s your name?“ und „how are you?“ mit uns und wir fragen einen alten Mann, welcher am Straßenrand gerade alleine dabei ist einen LKW-Reifen zu richten nach den Schlüsseln… ein bisschen frustriert sind wir schon, da wir nicht glauben in dieser Ortschaft ohne wirkliche Arabischkenntnisse diesen einen Schlüsselwächter zu finden. Wir fragen den alten Mann also „El-Kurru?“, „Key’s?“ und es schallt unerwarteter weise sofort zurück: „Yes Yes Yes!! Wait wait wait!!“ Er lässt schlagartig alles stehen und liegen, verschwindet in einem Haus und kommt 2 Minuten später mit Taschenlampe und einem riesigen Schlüsselbund in der Hand wieder zurück. Begeistert und ohne ganz genau zu begreifen wie das jetzt so schnell passieren konnte platzieren wir der Mann in unserem Auto und er fährt mit uns zum besagten Friedhof. Dort angekommen sieht es zunächst nicht sonderlich spektakulär aus. Eigentlich keine beeindruckenden Pyramiden sondern eher unbefriedigend erhaltene Gräber. Wir laufen ein paar Meter bis wir zu einer kleinen verschlossenen Türe kommen… Moment mal: Türe + Schlüsselmann… Bingo!! Der alte Mann schließt die Türe auf und wir treten ein. Kein Licht, nur unsere Stirnlampen helfen uns den langen Weg die Stufen hinab zur nächsten Tür mit einem weiteren großen Schloss. Der Schlüssel dreht sich und auch diese Türe geht auf. Zwei Schritte weiter und wir stehen mitten in der Grabkammer von König Tanotamun. Es ist bestimmt nicht das größte oder prächtigste Grab, jedoch sicherlich eines der am besten erhaltenen und wir versuchen gemeinsam mit dem Schlüsselwächter die sehr gut erhaltenen Inschriften und Bilder zu deuten. Historisch betrachtet ist dieses Grab vielleicht nicht unbedingt das Ei des Kolumbus, jedoch bleibt es für uns, gerade durch das Gefühl im Bauch jetzt offizielle Schatzsucher-Azubis zu sein, eines der schönsten Erlebnisse unserer Reise!
Find the keeper of the keys
Rein ins Loch.
Im dunkln Keller druntn...
Sesam öffne dich.
An der Mode hat sich anscheinend die letzten 1000 Jahr nix geändert..;)
100% Schatzsucherfeeling
Versteinertes Holz in der sudanesischen Sahara


Weiter geht es entlang der endlosen Asphaltstraße nach Atbara einer Stadt am Nil und von dort aus weiter nach Meroe und Naqa. Meroe war Hauptstadt des „Reichs von Kusch“ zur „meroischen Zeit“ – tada – und es gibt hier noch einige gut erhaltene Pyramiden zu sehen. Wir sind wieder einmal sehr beeindruckt, wie historisch bedeutsam der Sudan doch ist und verbringen ein paar Tage damit uns die Tempel von Naqa anzusehen. Der Löwentempel von Naqa wurde mit deutscher Hilfe sehr gut wieder aufgebaut und ist, neben der abenteuerlichen und schnellen Pistenstraße, sicherlich eines der Highlights in Naqa.
Es geht weiter zum 6. Nilkatarakt. Katarakte sind Orte entlang des Nils welche mit Felsen und Stromschnellen gespickt sind und die Beschiffung des Nils erheblich erschwert haben. Natürlicherweise sind sie also schön anzusehen und häufig ein Ausflugsziel wert. Nicht ganz einfach zu erreichen muss man sich zum 6. Katarakt durch militärisches Sperrgebiet hindurchschleichen und  entlang der Schotterpiste bis zum Nil queren. Hinwärts verläuft alles problemlos und wir kommen gegen Nachmittag am Katarakt an. Das Katarakt selbst stellt sich nun eher weniger spektakulär dar und wir befürchten schon einen reinfall unseres Besuches, wenn da nicht diese Gruppe junger sudanesischer Studenten gewesen wäre. Gerade mit dem Abschluss fertig haben sie einen Bus gechartert um hier am Katarakt zu feiern und einen Tag zu entspannen. Wir werden mal wieder eingeladen, Essen soviel wir können,  laden noch eine Salatschüssel voll Pasta für später auf und geraten dann mitten in die Feierlichkeiten. Zwei Jungs mit Gitarren sorgen in guter alter Singer-Songwriter-Manier mal für romantische Lagerfeuerstimmung und mal für klatsch-, sing- und sehr tanzbaren sudanesischen Folk und jeder, inklusive uns, feiert ausgelassen und befreit. Leider ist dieses schöne Fest mit den jungen Sudanesen nicht von allzu langer Dauer, jedoch bekommen wir einen sehr zuversichtlichen Eindruck, dass der Sudan mit solch einer jungen Generation eine bessere Zukunft vor sich hat!

endlose Straßen
36°
Pyramiden von Meroe

Kamel
Tief in der Sahara auf einem Dromedara...
Löwentempel
und noch ein Tempel..
Tiefbrunnen mit 2 Zugpferd... äh Eseln
Bei der Rückfahrt wurden wir dann doch vom Militär entdeckt...;)

Mitschnitt unseres musikalischen Erlebnisses am Katarakt:
 
Weihnachten steht vor der Tür und unser Plan besteht darin, das Fest in Karthoum zu verbringen. Wir düsen also auf dem Hauptverkehrsweg zwischen Karthoum und Port Sudan, welches für den Sudan als Tor zur Welt gilt, richtung Hauptstadt. Hauptverkehrsweg - Dementsprechend stark ist die Straße befahren und große Road-Trains ballern ohne Rücksicht auf Verluste den Highway entlang. Der Straßenrand ist gesäumt von Reifenfetzen und Verkehrsunfälle beobachtet man nicht nur einmal. Vorsicht ist geboten, doch letztlich kommen wir sicher in Karthoum an. Wir campen auf dem National-Camping-Campingplatz. Dieser ist eigentlich eine alte Sportkaserne in der Militär- und Sportschulen ihre Ausbildungen veranstalten und ab und an als Campingplatz zweckentfremdet wird. Wir stehen also am hiesigen Parkplatz und genießen die erste ordentliche Dusche (Komm schon, sooo kalt ist das Wasser nun auch nicht) seit Asuan.
Auf dem Kasernen-Camping-Parkplatz treffen wir auch Anneke und Floris und auch Louis wieder. Sie haben den verrückten Highway also auch überlebt und sich in Karthoum wieder organisiert. Louis fehlt noch sein Visum für Äthiopien und wir beschließen am nächsten morgen gemeinsam zur äthiopischen Botschaft zu fahren um dort unser Visum zu holen. Die Botschaft ist relativ neu und nahe dem Flughafen gelegen. Der große und schöne Vorgarten und das moderne Gebäude stellen ein sehr liquides und fortschrittliches Äthiopien dar und wir fragen uns, ob es wohl auch das Äthiopien wiederspiegelt, welches wir in ein paar Tagen kennenlernen werden – 3 Stunden später, das Visum ist im Pass - Wir werden also sehen wie Äthiopien wirklich ist!
Karthoum an sich hat durchaus ein bisschen was zu bieten. Wir besichtigen den Kamel- und Viehmarkt, werfen einen Blick auf und in die wichtigsten Moscheen, besuchen das nubische Museum und laufen natürlich an den zwei einzigen Hochhäusern vorbei, welche es in der Hauptstadt gibt. Es ist schwer diese Stadt in Worte zu fassen. Einerseits so einfach und rudimentär und andererseits so busy und gebildet. Immer wieder werden wir überrascht. Mal sind es die jungen Sudanesen, die im Citybus erstaunlicherweise beginnen deutsch mit uns zu sprechen, da sie „Deutsch“ an der Uni als Hauptfach belegen und an unserer Ankunftshaltestelle bereits unbemerkt die Busfahrt für uns bezahlt haben, mal ist es ein Polizist, der im Empfang des Campingplatzes sitzt und trotz des strickten Erotik-Verbotes im Sudan nach Internet-Sexseiten sucht und uns nach Pornos für seinen Laptop fragt... Hätte man mich vorab gefragt, welche Dinge ich wohl vom Sudan erwarten würde, hätte ich wohl diese beiden Erlebnisse wirklich zuletzt genannt… Also, neue Lebensweisheit: Don’t expect, what you get!
Eines der Highlights ist sicherlich der kleine Vergnügungspark welchen wir uns am Nachmittag des 24. Dezember quasi selbst zum Geschenk machen. Er besitzt zwar weder Topspin, Superhupferl noch Leopardenspur und auch ein entsprechendes Bierzelt fehlt zu einer richtigen Wiesngaudi, doch sind wir trotzdem sehr erquickt und freuen uns wie Kleinkinder, als der Bedienstete des Riesenrads endlich die geflogene Sicherung mit Kupferdraht wieder zusammengetüdelt hat und wir uns auf eine quietschende Rundfahrt nach oben begeben. Logistisch eindrucksvoll liegt der Vergnügungspark nämlich direkt am Vereinigungspunkt des weißen und blauen Nils und damit auch nahe dem Zentrum. Der weiße Nil kommt vom Ruanda bzw. Burundi und der blaue Nil entspringt aus dem Tanasee in Äthiopien. Das Riesenrad ist somit ein wunderbarer Aussichtspunkt über Karthoum und die beiden Flüsse.


Einfahrt nach Karthoum
lustige junge Burschen..;)
Louis's Geburtstag - niemand weiß so recht wie alt er wirklich wird...
Das Riesenrad...
... ist so manchem Gast zu hoch...
oder vielleicht doch beiden? :)
STOP-Knöpfe gibts in sudanesischen Bussen nicht - stattdessen schnipst man mit den Fingern
 Da die beiden Briten es ebenfalls nur schwer mit ihrem Gewissen vereinbaren können, an Weihnachten nicht in der Kirche gewesen zu sein und wir auf unserer kleinen Karthoum-Rundfahrt auch einen kurzen Halt an der katholischen Kathedrale gemacht haben, ist diese schnell als Örtlichkeit unserer diesjährigen Weihnachszeremonie ausgewählt. Pünktlich treffen wir dort ein und wir begreifen schnell, dass die sudanesische Messe durchaus größer abläuft als wir es uns vielleicht gedacht haben. Nicht in der Kirche, sondern vor der Kirche wird gefeiert – aus Platzmangel. Tausende von Stühlen sind aufgereiht und nahezu alle sind besetzt. Tausende Sudanesen, teilweise in feinem Zwirn, teilweise in Alltagsklamotten feiern hier also gemeinsam Weihnachten und wir sind durchaus etwas verblüfft über diesen Umstand! Nach der Kirche geht’s zum Einkaufen für unser Weihnachtsessen. Die drei Niederländer sind leider schon wieder weitergereist, was bedeutet es bleibt letztlich an uns selbst hängen für ein entsprechendes Mahl zu sorgen. Wir geben unser bestes sind mit dem Ergebnis auch recht zufrieden. Wir köpfen die Flasche Kindersekt, welche uns als einziges Alkoholplacebo zur Verfügung steht und lassens uns richtig gut gehen. Sprich rumhängen und nichtstun – Endlich!
katholischer sudanesischer Gottesdienst...
...ist irgendwie doch das gleiche wie Zuhause..;)
Ja Mama's und Oma's, wir waren da!!
Putenbrust in Champignon-Rahm - dazu Bratkartoffeln und Karotten in Butterschwenke...
...als unser diesjähriger Weihnachtsbraten - bon appetit & frohe Weihnachten
Entspannt und nach zweieinhalb eindrucksvollen Wochen im Sudan brechen wir bereits am 26sten Dezember wieder auf. Wir wollen zu Neujahr in Äthiopien sein und es liegen noch ca. zwei Tagesetappen über Wad Medani und Gedaref bis zur Grenze vor uns…


... auf denen wir noch von dem ein oder anderen wilden Tier überrascht werden...;) - Afrika wir kommen!!